In dieser Rubrik wird es in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder interessante Geschichten, Anekdoten sowie weitere erwähnenswerte Informationen aus der mittlerweile mehr als vierzigjährigen Geschichte unseres Tennis-Clubs zu lesen geben. Dabei soll die gesamte Historie des Vereins, angefangen von den ersten Ideen weit vor der Vereinsgründung und dem Bau des Tennisplatzes bis hin zum heutigen Tage, in kurzen Episoden aufgearbeitet werden. Wir weisen bereits jetzt darauf hin, dass der Rückblick auf die Geschichte unseres Vereins nicht in chronologischer Reihenfolge stattfinden wird. Es wird also in lockerer Reihenfolge immer wieder einmal interessante Bilder und kleine Geschichten rund um unseren Tennis-Club und den Tennissport allgemein zu lesen geben. Ein überwiegender Teil des Bildmaterials stammt dabei aus den Archiven der Vorstandsmitglieder. Wer mit weiteren Bildern und kleinen Geschichten zur Vereinsgeschichte beitragen möchte, darf sein Text- oder Bildmaterial gern an den Vorstand weiterleiten.
Episode 1: Wie es zur Gründung des Tennis-Clubs kam
Die Gründung unseres Tennis-Clubs liegt inzwischen weit mehr als vierzig Jahre zurück. Eigentlich hätte es keinen eigenständigen Tennisverein in Sudershausen geben sollen, jedoch führten einige Irritationen und wohl auch unverhohlene Ignoranz dazu, dass am 10. August 1980 der Tennis-Club Sudershausen als eigenständiger Verein gegründet wurde. Doch wie kam es eigentlich dazu? Hier noch einmal in kurzen Sätzen zusammengefasst die Umstände, die dereinst zur Gründung des TCS geführt haben.
Man schrieb das Jahr 1978, die als etwas elitär geltende Sportart Tennis zählte in Deutschland nur zu den Randsportarten und die Weltrangliste der Männer wurde von Namen wie denen des US-Amerikaners Jimmy Connors, des Schweden Bjorn Borg, Guillermo Vilas aus Argentinien, Vitas Gerulaitis, John McEnroe oder Eddie Dibbs (alle USA) beherrscht. Die besten und bekanntesten deutschen Spieler waren damals Ulrich Pinner und Rolf Gehring, die auf den Weltranglistenplätzen 31 bzw. 54 geführt wurden. Auch bei den Damen gab es in jenen Jahren aus deutscher Sicht mit Helga Hösl, Helga Masthoff, Katja Ebbinghaus oder Sylvia Hanika (immerhin auf Platz 14 der Wletrangliste 1980) nur wenige Spielerinnen in den Top 100 der Weltrangliste, und deren Namen waren meistens auch nur Tennis-Insidern bekannt. Die Weltrangliste der Frauen wurde 1978/79 ebenfalls von den USA beherrscht: Mit Martina Navratilova (Platz 1), Chris Evert (Platz 2), Billie Jean King (Platz 5) und Tracy Austin (USA) waren gleich vier Amerikanerinnen auf den ersten sechs Plätzen zu finden. Einzig die Australierin Evonne Goolagong-Cawley (Platz 3) und die Engländerin Virginia Wade (Platz 4) konnten in die Phalanx der US-Girls einbrechen. Die späteren deutschen Superstars Boris Becker und Steffi Graf trainierten zu jenem Zeitpunkt noch als Jugendliche im Tennis-Leistungszentrum in Leimen. Immerhin: Sowohl Steffi Graf als auch Boris Becker gewann im Jahr 1980 den Titel beim Nationscup, einem Jüngstenturnier des DTB.
Obwohl der „weiße Sport“ in Deutschland also noch ein bescheidenes Dasein am Rande des Sportgeschehens fristete, gab es mittlerweile auch in Sudershausen – genauer gesagt: speziell im Umfeld der VSSG-Damen- und Herrenhandballmannschaften – einige Aktive, die gern als weitere Sportart neben dem Handballspiel auch dem Tennissport frönen wollten. Demzufolge wurde Anfang des Jahres 1980 ein Antrag an den Vereinsvorstand formuliert, dass der Sportverein doch die Gründung einer Tennisabteilung erlauben und den Bau eines Tennisplatzes vorantreiben solle. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als der Antrag während einer Vorstandssitzung, zu der die Fürsprecher der Tennis-Initiative extra eingeladen waren, vom Vereinsvorstand kurzerhand abgeschmettert wurde. Die lapidare Begründung des damaligen Vorsitzenden: „Wir brauchen keine Tennisabteilung! Wenn ihr neben dem Handball einen anderen Sport betreiben wollt, dann könnt ihr ja Tischtennis spielen!“
Das Problem an der Sache: Die nicht gerade wenigen Tennis-Enthusiasten in Sudershausen wollten kein Tischtennis – sie wollten Tennis spielen! Kurzerhand trafen sich am 28. August 1980 insgesamt acht Personen, um den „Tennis-Club Sudershausen“ ins Leben zu rufen. Zum 1. Vorsitzenden wurde Hartmut Gobrecht gewählt, seine Stellvertreterin war Sylvia Gobrecht. Den Vorstand komplettierten Horst Lehmann als Kassenwart und Karl-Wilhelm Gobrecht als Schriftführer. Die Namen der weiteren Gründungsmitglieder: Ellen Gobrecht (jetzt Buschewitz), Lydia Lehmann, Karl-Heinz Hengst (jetzt Lehmann) und Marion Lehmann.
Was bei der Vereinsgründung auf den ersten Blick wie ein etwas „familiär ausgerichteter“ Verein aussah, entwickelte sich sehr schnell zu einer Vereinigung von recht ansehnlicher Größe. Offensichtlich hatten die Gründer den unglaublichen Boom vorausgeahnt, der wenige Jahre später dank der Erfolge eines Boris Becker oder einer Steffi Graf in Deutschland einsetzen sollte. Eineinhalb Jahre später, am 12. Februar 1982, erfolgte die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister, wenige Monate später begannen die ersten Planungen für den Bau einer Tennisanlage in unmittelbarer Nähe zum Sudershäuser Sportplatz.
Den ersten „offiziellen“ Auftritt in der Öffentlichkeit hatte der Verein am 26. Mai 1985 mit der Teilnahme am Festumzug bei der Feier des 75-jährigen Jubiläums der VSSG Sudershausen. Für ein einheitliches Erscheinungsbild der TC-Mitglieder sorgten damals rote Trainingsanzüge, die von der 2. Damenmannschaft der VSSG ausgeliehen waren und in der Kombination mit weißen T-Shirts und weißen Sportschuhen für einen einheitlichen Look sorgten. Erst später wurde festgelegt, dass sich die „offiziellen“ Vereinsfarben an genau definierten Blautönen und der Farbe Weiß orientieren sollten.
Durchaus erwähnenswert ist es, dass am 1. Januar 1986 bereits vierzig Mitglieder dem Tennis-Club angehörten, obwohl der Bau der Tennisanlage noch immer in der Vorbereitungsphase war. Dieser begann im Oktober des desselben Jahres und knapp ein Jahr später, im September 1987, konnte endlich der Spielbetrieb aufgenommen werden. Mittlerweile hatte sich die Zahl der Mitglieder auf fast neunzig Personen verdoppelt – und der Run auf die Mitgliedschaft im TCS hielt unvermindert an. Informationen und Bilder rund um den Bau der Tennisanlage in Sudershausen folgen in einem nächsten Kapitel.
Episode 2: Wie der Tennissport in den 1980er-Jahren Modetrends setzte
Spätestens mit den ersten bedeutenden Turniersiegen eines Boris Becker (am 16. Juni 1985 im Londoner Queens-Club und drei Wochen später dann in Wimbledon) begann eine bis dato nicht gekannte Tennis-Euphorie in Deutschland. Als sich dann auch noch mit Stefanie Graf im Dameneinzel eine weitere Spielerin mit Weltgeltung dazugesellte, kam der Tennis-Hype in unserem Land erst so richtig und nachhaltig ins Rollen.
Egal, wie sportlich man zu jenem Zeitpunkt gerade war – in Sachen Tennis musste man dabei sein! Es setzte ein regelrechter Boom auf Tennisprodukte jeglicher Art ein. Profitieren konnten davon ebenfalls die wie Pilze aus dem Boden schießenden Tennisvereine oder neu gegründeten Tennissparten in bereits existierenden Sportvereinen. Wie es in der ersten Episode bereits anklang, wurde in Sudershausen die Chance einer Tennissparte im bereits bestehenden Sportverein nicht wahrgenommen, stattdessen hatte sich 1980 der Tennis-Club Sudershausen gegründet. Und es wurde ebenfalls bereits erwähnt, dass der TC 1986 bereits einen recht üppigen Mitgliederbestand hatte – obwohl die Maßnahmen für die Bau der Tennisplätze noch in der Planungsphase waren.
In erster Linie waren es jedoch die Hersteller von Tennisschlägern und Sportbekleidung, die vom Tennisboom profitierten und zu jener Zeit richtig Kasse machten. Denn in ganz (West-)Deutschland gab es kaum jemanden, der nicht auf den nicht mehr aufzuhaltenden „Tennis“-Zug aufsprang und sich mehr oder weniger mit dem „weißen Sport“ identifizierte – und sei es gerade einmal durch das Tragen von weißen Tennissocken. Ab und zu gab es auch ausgeprägte „Antisportler“ zu sehen, die nicht davor zurückscheuten, einen – natürlich möglichst teuren – Tennisschläger auf der Hutablage ihres Autos zu platzieren – nur um zu zeigen, dass sie auf der Höhe der Zeit sind. Ob diese Menschen diese Schläger dann jemals ausprobiert haben, ist in den meisten Fällen leider nicht überliefert.
Es begann die Zeit, in der man an dem Wochenende mehr oder weniger rund um die Uhr Tennis im Fernsehen schauen konnte. Denn mittlerweile gab es in unserer Republik mit Claudia Kohde-Kilsch, Bettina Bunge, Barbara Rittner, Anke Huber, Michael Stich, Eric Jelen oder Charly Steeb gleich mehrere gute Tennisspielerinnen und Tennisspieler, die das Zeug zum Idol hatten. Hinzu kamen zahlreiche charismatische Weltstars wie John McEnroe, Andre Agassi, Stefan Edberg, Ivan Lendl, Mats Wilander, Martina Navratilova, Chris Evert, Arantxa Sanchez-Vicario oder die rassige Argentinierin Gabriela Sabatini – man hatte große Auswahl, welchen Tennisstar man sich zum Idol auswählen wollte. Das Fernsehen seinerzeit tat sein Möglichstes, um zu diesem Hype beizutragen: Seien es die Turniere in Indian Wells, Boca Raton, Rom, Paris oder sonst irgendwo auf der Welt: ARD und ZDF sowie die zahllosen privaten Sportkanäle waren stets live und in voller Länge dabei.
Natürlich war klar, dass sich die großen Sportartikelhersteller dieser Welt um die Weltstars rissen: Jede große Firma hatte sowohl auf dem Damen- als auch auf dem Herren-Sektor einen Weltstar am Start. Entsprechend groß war seinerzeit die Zahl der Tennis-Kollektionen, mit denen man sich ausrüsten konnte. Ein wenig Pech hatte dabei Boris Becker, der als aufsteigendes Tennistalent vom italienischen Sportartikelhersteller Ellesse ausgerüstet wurde. Als sein Stern so unmittelbar und nachhaltig aufging, hatte Deutschlands Sportartikelmarke Nummer Eins mit Ivan Lendl und Stefan Edberg bereits zwei Weltstars unter Vertrag. Und da Beckers sehr geschäftstüchtiger Manager Ion Tiriac stets „das Beste“ für seinen Schützling herausholen wollte, wurde ein Vertrag mit dem Adidas-Dauerrivalen Puma abgeschlossen. Der Nachteil dabei: Puma war seit längerem „gefühlt“ eben nur Deutschlands Nummer Zwei als Sportmarke, zudem war die eigens kreierte „Boris-Becker-Kollektion“ nach Meinung vieler „Experten“ nun nicht gerade das Nonplusultra in Ästhetik und Farbwahl.
Trotzdem schienen die Produkte für eine Zeitlang sehr stark nachgefragt. Ebenfalls etwas kontraproduktiv fürs Markenimage: Ein großes deutsches Boulevardblatt hatte dem damals absoluten Publikumsliebling fast aller Deutschen den etwas seltsam anmutenden Kosenamen „Bobele“ (BOris BEcker LEimen) verpasst. Und damit blieb er trotz seiner unbestreitbaren Erfolge für viele während seiner gesamten Kariere – und auch noch danach – stets das „Bobbele“.
Dennoch: Tennisbekleidung gekauft wurde reichlich und schier ohne Ende, egal, ob für Damen oder für Herren! Sei es in den Fußgängerzonen deutscher Städte, in den Kneipen auf den angesagten Urlaubsinseln Sylt, Malle, Teneriffa oder Gran Canaria: Überall waren die farbenfrohen Poloshirts mit dem speziellen Design unserer Idole reichlich und in allen Varianten zu sehen … und gelegentlich natürlich auch auf den Tennisplätzen, die zu jener Zeit in Deutschland reichlich gebaut wurden. Getreu dem Motto „Zeige mir, was du trägst und ich sage dir, wer dein Idol ist!“
Natürlich blieb auch unser Heimatort Sudershausen von diesem Trend nicht verschont – und selbst der Autor dieses Artikels gibt unumwunden zu, dass er damals seinen Teil zu den Profiten der Firmen Adidas (mit Produkten aus verschiedenen Ivan-Lendl-Kollektionen) und auch Sergio Taccchini (mit der recht farbenfrohen Mats Wilander-Kollektion) beigetragen hat. Aber das hat sich bis zum heutigen Tagen bekanntlich nicht sonderlich verändert. Im Gegenteil: Einige Superstars bekommen mittlerweile zu jedem einzelnen Grand-Slam-Turnier eine eigene Bekleidungs-Kollektion. Zu sehen beispielsweise bei Novak Djokovic, Rafael Nadal oder Sascha Zwerev …
Um sich noch einmal vor Augen zu halten, wie breit gefächert seinerzeit das Angebot in Sachen Tennis-Mode war, haben wir nachfolgend eine kleine Bildkollektion mit der Tennismode unserer Stars aus den späten 1980er-Jahren abgebildet. Natürlich ohne den Anspruch auf Vollständigkeit …